Vom Ende der Tour

«It’s something unpredictable, but in the end it’s right…» – Und nun ist sie vorbei, die jahrelang geplante Club Tour mit Jacob Brass zu «Hard Land» und «Circletown». Sie startete iim Norden und führte uns über diverse Städte und Locations bis nach Zürich, wo diese Woche das Finale im «Kaufleuten» stattfand. Immer dabei: unsere «Metropolis»-Deko mitsamt Filmplakaten, Kino-Leuchtreklame, Teppich und Popcornmaschine.

Es ist ein mittleres Wunder, dass das alles in diesem pandemischen Herbst überhaupt stattfinden konnte, ob mit 2G wie in Hamburg oder alle mit FFP2-Masken wie in Stuttgart. Ein paar Wochen früher wäre an vielen Orten nur Publikum im Schachbrettmuster möglich gewesen. Ein paar Tage später wäre die Tour erneut stark bedroht gewesen. Und noch im vergangenen Winter schien es ohnehin absolut unwahrscheinlich, da trauten wir uns trotz aller Planung nicht, uns darauf auch nur eine Sekunde zu freuen. Umso mehr haben wir nun jeden einzelnen Abend genossen, im Wissen, dass es auch schnell hätte vorbeisein können. Zugleich war es aber auch dringend benötigte emotionale Winternahrung – für die sicher nicht leicht werdenden kommenden Monate.

Das Gefühl, das nun bleibt, ist deshalb tiefe, ungläubige Dankbarkeit. Über unser unwahrscheinliches Glück, das viele andere Künstler*innen so leider nicht haben durften. Über die vielen schönen Momente unterwegs, die immer wieder klugen Fragen aus dem Publikum und die oft sehr berührenden, mir bleibenden Begegnungen und Gespräche beim Widmungenschreiben danach. Teilweise bis um halb drei draußen in der Kälte wie in Wien oder Leipzig, als die Locations schon schlossen, aber dafür umso intensiver.

 

Es war die Tour, von der ich träumte, seit ich Bücher veröffentliche. Mit Musik, mit geliebten und geschätzten Menschen im Publikum. Mit Jacob Brass an meiner Seite, der nicht nur inzwischen ein langjähriger, guter Freund wurde, sondern ein begnadeter Sänger ist. Dessen großartige eigene Stücke perfekt zum Buch passten, während er aus Cover-Songs wie «The Power Of Love» etwas beinahe Magisches machte. Wir waren nicht Autor und Musiker, wir waren eine Band. Mit einem Tourbus, einer bewusst Wohnzimmerhaften Bühnendeko und einem Manager, der alles perfekt organisierte (Danke, Sascha Gerbig), während Catherine Schlumberger vom Verlag das Ganze mit Christian Gerlach, Tim Kruse und dem NEULAND-Team erst auf den Weg gebracht hatte.

 

Aber auch mit tollen Locations an vertrauten Orten, an denen man schon lange hing und oft war, und neuen Plätzen, die einen sofort begeisterten (das «Gloria»-Theater in Köln war gleich zweimal einfach unglaublich – und insgeheim ein Seelenverwandter des «Metropolis»). Und mit «Klippenspring»-Momenten wie im Buch. Jacob, der am Ende doch noch Kim Carnes interpretierte. Und ich, der sich am Schluss der Lesungen immer wieder in den Abgrund des eigenen Nichtgesangs stürzen musste. Seltsamerweise hatte ich jeden Abend noch mehr Schiss als an dem davor.

Ich möchte aus tiefster Seele DANKE sagen. Auch besonders an alle, die trotz dieser nicht einfachen Zeiten kamen, für euren unglaublichen Zuspruch, die generelle Offenheit, die ausverkauften Häuser, schönen Briefe und bei manchen Szenen auch euren Mut, etwas Persönliches zu teilen. Für die Geduld bei meinem nie ganz auf den Punkt gebrachten „80s-Gelaber„, die Standing Ovations in Köln und Zürich, die kaum zu glauben waren und uns sehr bewegten. Und für den jungen Mann im Publikum, der erst eine kluge Frage gestellt hatte und später beim Schlussapplaus als Einziger seine Faust wie John Bender in The Breakfast Club nach oben reckte, die ganze Zeit. Ein paar Tage später begriff ich, dass diese Szene wirklich passierte, und das berührte mich auf eine Weise, die ich kaum in Worte fassen kann.

Einfach danke für diese unfassbare Zuneigung, die uns Abend für Abend entgegenschlug.

Das alles gab mir so viel, in einem schwierigen Jahr und in einer Situation, in der meine eigene Zukunft mir offener denn je erscheint. Ich weiß, wie schon auf den Lesungen gesagt, nicht, wie es genau weitergeht, wie etwa mein Studium wird, ob und was ich noch neben Kurzgeschichten schreiben werde oder wie weitgehend und dauerhaft mein Rückzug aus der Öffentlichkeit sein wird. Aber umso schöner war es, nun diese echten und direkten Begegnungen und Gespräche mit euch erleben zu dürfen. Das ist es, worum es geht, und ich werde alles tun, um das in irgendeiner Form auch in Zukunft zu bewahren*.

Und so war es eine «euphancholische» Tour: eine die man bereits vermisste, während man noch auf der Bühne stand.  Nur über eine Sache bin ich froh: Dass ich die viel zu kleinen «Back To The Future II»-Schuhe nun endlich weglegen kann …

(P.S. Danke auch für schöne Artikel wie im Merkur oder bei Mokita, Nicigirl85s Welt, Literaturcafe und anderen Seiten, die das alles festgehalten haben).

Tracklist von Jacob:

«I’m On Fire» – Bruce Springsteen

«Circletown» – Jacob Brass

«Run Away» – Jacob Brass

«American Dream» – Jacob Brass

«The Power of Love» – Huey Lewis & The News

«Lost in Bejing» – Jacob Brass

«Drive» – The Cars

«Good Riddance» – Green Day

 

Special Guests (in Hamburg, Köln und Zürich):

«Norway» – Jacob Brass

«Hit Me Baby (One More Time)» – Britney Spears

«Bette Davis Eyes» – Kim Carnes

 

* NACHTRAG: Da viele keine Tickets mehr für die Shows bekamen, machten Jacob und ich noch ein paar Zusatzgigs in kleineren Städten, wegen der Pandemie erst im Frühjahr 2023. Einen Rückblick darauf gibt es hier, auch mit Videos wie unserem absurden Duett

 

Der erste Bühnenaufbau in Hamburg.

 

Der kritische Blick von oben.

 

Soundcheck vor Hamburg, am 20. Oktober

 

Unsere Gardarobe für die „Male Dancers“

 

Der Blick auf das Publikum in Hamburg. Jacob und ich waren unfassbar nervös, ich glaube, ich öffnete und schloss zehn Mal hintereinander meine Wasserflasche.

 

Gegenshot aus dem Publikum

 

Es waren Veranstalter wie Miguel aus dem „Kampnagel“, die zu Helden wurden. Die Überstunden machten und mit mir noch bis teilweise 2 Uhr früh oder länger dablieben, damit das Widmungen schreiben gar nicht oder erst so spät wie möglich draußen in der Kälte weitergehen musste.

 

Das Gloria bei unserem ersten Besuch. Man kommt rein und denkt sich: „Magisch, wie im Metropolis“.

 

Berlin, Babylon Kino. (Foto: Lenard Krawinkel.)

 

Hier hatten wir damals auch den Tour Trailer gedreht.

 

 

Der Moment, kurz bevor es auf die Bühne geht. Hier in Leipzig.

 

Signieren in Leipzig um halb zwei draußen in der Kälte. Irgendwann regnete es auch noch.

 

Der Veranstalter Heiko blieb nicht nur mit mir da, sondern sorgte auch für die Beleuchtung. Ich sitze auf einem Koffer.

 

Das Wizemann in Stuttgart, dort waren wir am 6. November.

 

Jacobs Hemd, fast fertiggebügelt.

 

Jacob und ich in Stuttgart (Foto: Tischer)

 

In München im Jams Hotel konnte man sich Platten ausleihen und oben auf dem Zimmer hören. Schon klar, welche es sein musste.

 

Die noch leere Muffathalle in München am 8. November.

 

Wieder zurück im SENSATIONELLEN Gloria in Köln. Diese Abende waren absolute Highlights für uns.

 

Kurz vor dem Auftritt in Wien. Wie ich später erfuhr, war dort mit Wolf Haas auch einer meiner absoluten Lieblingsautoren im Publikum. Ungläubige Begeisterung Hilfsausdruck!

 

Ein bisschen der Rathausuhr-Shot aus „Zurück in die Zukunft III“. Wir mussten einfach ein Foto mit unserer geliebten Leuchttafel machen.

 

Das Finale dann im Kaufleuten in Zürich.

 

Keine selbstbindenden „Powerlaschen“, aber optisch so nah wie möglich dran: Die auf eBay gefundenen, eine Nummer zu engen Nikes.